11.
Tag
Dienstag,
14.05.2019
Das
ist die Woche der Hausbesuche.
Heute
ging es über den gestrigen Ort Makete hinaus.
Bis
Makete war der Jeep vollgeladen: Mit uns kam noch das
Kindergartenteam, so dass wir erstmal zu acht im Jeep waren.
In
Makete „kurz“ zur Bank und danach weiter nach Isapulano.
Als
erstes besuchten wir Furaha.
In
dem Haus war ich schon bei meinem ersten Aufenthalt vor 2,5 Jahren.
Jetzt
erkannte ich dieses zunächst nicht wieder. Der helle Hof, indem
Furaha sich gut bewegen konnte ist durch einen großzügigen
Hausausbau auf ein Minimum geschrumpft. Er wirkt eher dunkel und
jetzt in der Regenzeit auch feucht, da kaum ein Windhauch hindurch
kann.
Furaha
kam uns freudestrahlend auf dem Boden rutschend entgegen.
Außer
der baulichen Veränderung, scheint die Zeit still gestanden zu sein:
Im Gegensatz zu dem strahlenden Furaha, die erschöpft und traurig
wirkenden Eltern, die gleiche Armut…….
Wir
haben Furaha einen Rollator mitgebracht. Kirimia hatte mit dem Vater
besprochen, dass der Boden des Hofes und vor dem Grundstück so eben
wie möglich bearbeitet werden soll, damit der Rollator auch genutzt
werden kann.
Furaha zeigt uns seine Freunde aus der Nachbarschaft |
Im
selben Dorf besuchten wir noch eine Familie. Das war ein Erstbesuch
durch die Physiotherapie. Wir sollten uns den kleinen Sohn
"anschauen" und gemeinsam überlegen, was zu tun sei, ob
die Physiotherapie hier angesagt ist. Die Problematik ist eine
Störung des Knochenwachstums, so dass sich hier eine
"O-Bein-Stellung" entwickelt hat.
Wir
kommen zu dem Schluß, dass ein operativer Eingriff (Korrektur - OP)
erforderlich ist. Daudi und Kirimia werden Kontakt zu einer
Behandlung in Iringa oder Arusha aufnehmen sowie die Kostenübernahme
klären.
12. Tag
Mittwoch,
15.5.2019
Heute
fahren nur Ina und Sylke mit Kiri und Daudi nach Massisive zu
Katherin und Jusufu. "..Zuerst sind wir beim Pfarrer, mit ihm gehen wir
durch Maisfelder bis zum schäbigen, kleinen Holzhaus, der Familie.
Das Baby liegt neben der Feuerstelle im Rauch in einer Schüssel, die
mit Tüchern ausgelegt ist. Katherin ist 9 Jahre alt und wird von der
Mutter angezogen im Minischlafteil mit 1.20 Bett – ich schätze die
Kinder schlafen davor auf dem Lehm- Boden, der die ½ des Jahres
feucht ist. Das Baby hängt jetzt an der Brust der Mutter, die aber
leer aussieht. Katherin hat ihre heruntergekommene Schuluniform an.
Sie kann langsam gehen an einer Stütze, die allerdings zu hoch ist (
geht nicht kürzer )auf dem unebenen Lehmboden vor der Hütte. Ihr
rechtes Bein beugt sie nicht, hat auch eine typische Handhaltung rechts aufgrund der Halbseitenlähmung. Sie wird zum Seminar kommen. Die Mutter wird sie
begleiten mit dem Baby. Auf dem Rückweg treffen wir den Vater. Kiris
oder Daudis Idee ist, den Vater in der Diakonie zu beschäftigen und
damit der Familie zu einem geringen Einkommen zu helfen.
Die
Verhältnisse in denen diese Familie wohnt sind so ärmlich, das mir
wirklich zum heulen ist. Irgendwie geht mir das näher, als die
Obdachlosen, die ich in Berlin erlebe. Ich denke, weil hier Kinder
betroffen sind.
Danach
gehen wir zu Jusufu. Er hat ein Downsyndrom. Er liegt bei unserer
Ankunft hinter der Tür des Hauses. Die Mutter hat nur 1 Arm, fasst
das Kind ohne Ansage unterm Arm und schleppt ihn heraus. Er ist 9
Jahre alt, sieht aber aus wie 3 oder max. 4. Wir spielen mit ihm, er
freut sich, steht mit Hilfe auf, kann dann ohne Hilfe stehen und mit
Hilfe auch ein paar Schritte gehen, Mit seinen Händen kann er nicht
so viel anfangen. Er hat eine so unglaubliche Mimik, wie alle Kinder
mit Downsyndrom, überall auf der Welt. Mit ihm können wir im
Seminar stehen und gehen üben, mit den Händen spielen und
sprechen. Außerdem fehlen ihm soziale Kontakte, die wird er während
des Seminars haben. Ihn haben Ina und ich sofort in unser Herz
geschlossen."
Sylke
Birgit
und ich blieben im Diakoniezentrum.
Wir
hatten einen kleinen “Auftrag“ zu erledigen: Im Juli wird eine
Gruppe aus Neinstedt hier 14 Tage verbringen. Die Absicht ist, das
diese Gruppe auch ganz praktische Hilfeleistungen im Zentrum
erbringen werden. Da auch einige Handwerker mit dabei werden, sollen
wir mögliche Kleinschäden in den Häusern dokumentieren und
fotografieren, damit diese dann mit Absprache der Leitung des
Zentrums, repariert werden können.
Fünf
Häuser schauten wir uns an. Es dauerte doch einige Stunden um all
die Problemfälle aufzunehmen und zu dokumentieren.
13.
Tag
Donnerstag,
16.5.2019
Noch
vor der Andacht ging es zu unserer letzten Besuchstour los: wieder
über Makete, weiter über Bolongwa nach Ipelele.
Dort
gab es in einem kleinen Restaurant ein spätes Frühstück:
Hühnersuppe mit Hühnerbein und leckeren Chapati! Der Ortsvorsteher,
der zufällig auch im Restaurant war, spendierte uns das Essen…
2
Mitarbeiter der Gemeinde stiegen dann mit ins Auto und wir fuhren zum
nächsten Dorf auf zum Teil nicht erkennbaren Wegen.
Dort
gab es als erstes einen „Kontrollbesuch“ bei einem jungen Mann,
dem vor 2 Monaten seine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit finanzieller
Hilfe des Diakoniezentrums erfolgreich operiert wurde. Alles sieht
gut verheilt aus!
Danach
gingen wir zu einem Jungen, ca. 7 Jahre alt. Er war als Kleinkind ins
Feuer gefallen und hatte sich beide Hände und Teile der Unterarme
verbrannt. Die Finger beider Hände waren aufgrund der Vernarbungen
zu einer geschlossenen Faust „geformt“. Durch Vermittlung von
Kirimia und konnten beide Hände von „Interplast“ (Team
Plastischer Chirurgen aus Deutschland) operiert werden. Leider ist
der Heilungsprozess nicht wie erhofft verlaufen: der Junge und die
Eltern haben nicht so auf die Hygiene, Wundversorgung und den täglich
notwendigen Bewegungsübungen geachtet. Die Hände und Finger lassen
sich natürlich weiter öffnen als vor der OP. Geplant ist eine
erneute OP in Iringa.
Weiter
ging es zu Jimson. Er war ja zum Erwachsenen-Seminar, und dort wurde
mit ihm beschlossen, dass Mitarbeiter des Zentrums ihn besuchen
werden, um seine Wohn- und Lebensverhältnisse aufzunehmen bzw. dann
zu überlegen, ob und wie er unterstützt werden kann.
Als
letztes besuchten wir eine Familie mit einem 6-jährigen Jungen, der
an beiden Klumpfüßen in Daressalam operiert wurde.
Danach
müssen die Kinder über einen längeren Zeitraum spezielle Schuhe,
die miteinander verbunden und in einer sehr starken Auswärtsdrehung
jeweils fixiert sind , über 23 Stunden am Tag tragen. Dadurch können
sich durch knöchernen und Bandstrukturen der Füße und Beine
langsam verändern.
Leider
haben die Eltern, das nicht so verstanden und diese Schuhversorgung
nach kurzer Zeit wieder zurück geschickt. So sind die Füße wieder
in eine „Sichel- und Hohlfußform“ zurück gegangen. Es muss
überlegt werden, ob eine erneute OP angesagt ist.
Zufällig
haben wir auch seine Schwester gesehen, bzw. mehr ihre Füße. Leider
haben auch diese eine Sichelform.
So
konnten wir beides aufnehmen und die Eltern nochmals beraten.
Wie
es zu diesen gravierenden Missverständnissen zwischen Ärzten und
Patienten immer wieder kommt, liegt wahrscheinlich an beiden Seiten.
Auf
der Rücktour legten wir in Makete noch einen Stopp ein, um ein
verspätetes Mittagsmahl zu uns zu nehmen.
Mal
wieder kräftig durchgerüttelt und geschüttelt kamen wir ziemlich
ko am späten Nachmittag in Tandala an.
das Essen war lecker - vergleichbar mit einem "Bauernfrühstück" |
..und es sorgte für eine kurzweilige Fahrt... |
....zum Glück hatten wir einen großartigen Fahrer |
14. Tag
Nach
dem Frühstück war ein erstes Gespräch mit der Leitung des
Diakoniezentrums und mir vereinbart. Ina begleitete mich und schrieb
dankenswerter Weise das Protokoll.
Thema
war die Entwicklung der Physiotherapie in den 2,5 Jahren, seitdem
Kirimia wieder zurück ist.
Zur
Sprache kamen aber auch grundsätzliche Fragen, wie Finanzen und
Stellenwert der Physio.
Es
war ein sehr offenes Gespräch, es wurden die jeweiligen Erwartungen
auch als Erwartung ausgesprochen (finanzielle Unterstützung auf der
einen Seite – Berichte, Planungen und finanzielle Abschlüsse auf
der anderen Seite).
Auch
ein erster Ausblick in die Zukunft wurde gewagt: vor allem über eine
personelle Entwicklung der Physio wurde nachgedacht.
Wir
vereinbarten ein weiteres Gespräch ein den nächsten Tagen.
Am
Nachmittag schrieben Birgit und ich das Protokoll über die
notwendigen Reparaturarbeiten in den Häusern.
15.
Tag
Samstag,
18.5.2019
Ein
wunderbarer Morgen erwartete uns: Sonne pur!
Wir
frühstückten draußen und genossen die Zeit, die Ruhe und die Berge
im Hintergrund.
Die
3 Damen beschlossen, eine Wanderung zu unternehmen – die sie dann
bis zu einem Wasserfall führte.
..zunächst in Begleitung von Daudi... |
dann musste er bald umkehren. |
Wird sie halten? |
Ich
blieb „daheim“, ich wollte das Protokoll von dem Gespräch von
Freitagvormittag schreiben.
Außerdem
war noch ein kurzer Besuch von Claus Heim, dem Tansania-Referenten
des Bayrischen Missionswerkes (MEW) angesagt. Mit ihm hatte ich im
Zuge der Reisevorbereitungen Kontakte per Mail und Telefon. Wenn es
sich ergeben würde, würde ich gerne mit ihm einige Worte wechseln.
Am
Nachmittag hatte ich das Protokoll fertig, die Damen kamen ziemlich
ko, aber sehr zufrieden wieder.
Zu
viert und mit Kirimia saßen wir dann auch eine Stunde mit Claus Heim
zusammen. Das Gespräch war sehr interessant und spannend, da er
selbst viele Jahre in verantwortlicher Position in Tansania gelebt
und gearbeitet hatte.
Wir
sprachen auch über die Entwicklung der Physiotherapie, insbesondere
über die personelle Unterstützung.
Neben
den FSJ-lern gibt es auch die Möglichkeit für eine/n ausgebildeten
PhysiotherapeutIn aus Deutschland als „Fachkraft auf Zeit“ im
Diakoniezentrum über einen längeren Zeitraum tätig zu sein.
Die
langfristige Variante ist aber einheimische junge Menschen zu finden,
die aus dem Gebiet und der Diakonie zugewandt sind, um ihnen eine
Ausbildung / Studium zum PhysiotherapeutIn in Tansania zu
ermöglichen.
So
würde Kirimia kurz- und langfristig entlastet und ein
kontinuierliches physiotherapeutisches Angebot gesichert werden.
Abends
waren wir bei Sedekia zum Essen eingeladen.
16.
Tag
Sonntag,
19.5.2019
Und
wieder ein Tag an dem wir länger schlafen konnten und die Sonne uns
erwartete!
Mit
Kirimia hatten wir uns nach dem Frühstück zu einer kleinen
Wanderung verabredet.
Es
wurde ein längerer Spaziergang von knapp 15 km zu einem kleinem Dorf
in der Umgebung.
Wir
hatten viel Spass miteinander und auch einen sehr intensiven
fachlichen Austausch, vor allem über den momentanen Stand und
verschiedenen Zukunftsmodellen der Physiotherapie in Tandala.
Auf
dem Rückweg kehrte wir in Ikonda zu Essen ein.
17.
Tag
Montag,
20.5.2019
Unsere
3. Arbeitswoche begann natürlich wieder mit der Andacht bei der auch
das ab dem nächsten Tag beginnende Seminar für Kinder und
Angehörige besprochen wurde.
Wir
hatten uns vorgenommen den Raum für die physiotherapeutischen
Behandlungen und den Raum für die begleitenden pädagogischen
Gruppen- und Einzelangebote zu reinigen und vorzubereiten.
Im
Laufe des Tages kamen fast alle eingeladenen Kinder + Angehörige an.
Zum
Mittagessen waren wir mit den FSJ-lern bei Elikana zu Hause
eingeladen, wo wir dann auch von seiner Frau Oresta und seinem Sohn
mit Freundin auf das herzlichste begrüßt und bewirtet wurden.
Einige
von den Kindern kannten wir schon.
Nach
einem gemeinsamen Abendbrot mit allen „Seminaristen“, der Leitung
des Diakoniezentrums und uns wurde das Seminar ganz „offiziell“
eröffnet. Zentrales Thema dabei war auch die Hygiene und Sauberkeit
der Kinder. Elikana brachte dieses auf eine wunderbare Art und Weise
sehr konkret zum Ausdruck, wobei er auch darauf verwies, dass es
nicht nur für die kommenden Tage gilt! Bei einigen musste bis zum
ersten Angebot am nächsten Tag noch deutlich etwas unternommen
werden.
18.
- 21. Tag
Dienstag,
21.5.19 – Freitag, 24.05.19
Wie
auch bei dem Erwachsenen-Seminar, standen am ersten Tag die
Aufnahmegespräche an.
Diesmal
waren wir aber zu fünft: wir vier und Kirimia.
Für
die Gespräche und für die Behandlungen – Physio sowie
Gruppenangebote – haben wir (sicher eher deutsch…) einen
konkreten Plan erstellt, wann, welches Kind, wo ist, sein sollte.
Und
das hat dann auch super funktioniert.
Yusufu,
9 Jahre alt, Junge mit Down-Syndrom.
Yusufu
ist das jüngste von 8 Kindern, seine Mutter ist auf der linken Seite
armamputiert. Yusufu hat zu Hause keine sozialen Kontakte zu anderen
Kindern. Er geht noch nicht frei. Seine Mutter wünscht sich, dass er
laufen und sprechen lernt und Entscheidungen treffen kann zwischen
gut und schlecht.
Yusufu
bekommt 3 Einzelbehandlugen in Form eines Bewegungs- und
Spielangebots. Er steht an einer Liege, wirft kleine Knautschbälle
herum. Er kann mit Unterstützung aufstehen und bleibt stehen, geht
schon erste selbstständige Schritte. In der Therapie ist er sehr gut
im Kontakt zu uns, Kirimia übernimmt die Behandlung. Wir sehen
innerhalb der 3 Tage gute Fortschritte und beraten die Mutter, was
sie zu Hause übernehmen kann.
Catherine, 9 Jahre alt, ehemaliges Frühgeborenes im 7. Monat, sie hat eine Hüftdysplasie rechts und eine Halbseitenlähmung rechts, außerdem ist sie extrem lichtempfindlich und kneift oft beide Augen zusammen.
Catherine
wird 3 Mal einzeln behandelt. Wir bereiten eine Bewegungslandschaft
für sie vor. Catherine klettert über eine mobile Sprossenwand und
rutscht mit Begeisterung die Rutsche herunter. Sie sitzt im
Reitersitz und rollt und wirft einen großen Ball nach vorne zu ihrem
Gegenüber. Am 3. Tag ist sie in der Lage, auf einem Wackelbrett im
Schneidersitz, Vierfüßler und im Stand ihr Gewicht zu verlagern,
bzw. darüber zu gehen. Einen umgedrehten Hocker verwenden wir als
“Basketballkorb”, in den sie Fühlsäckchen hineinwirft. Dabei
steht sie und stabilisiert sich immer besser.
Johannes,
7 Jahre alt, 3 ältere Geschwister kam mit seiner Mutter auf allen
vieren uns entgegen gelaufen. Das meiste seines Körpergewichtes lag
auf den Händen und Armen, die Beine waren im Knie durchgestreckt,
die Füße erschienen wenig beweglich. All das, was er in den Beinen
zu wenig an Kraft und Beweglichkeit hatte, war um so mehr in den
Armen und im Brustkorb anzutreffen….
Die
Geburt wurde als sehr schwierig beschrieben: „übertragen“,
Steißlage - deshalb auch ein Kaiserschnitt.
Dazu
kamen noch 2 Klumpfüße. Diese wurden mit mäßigen Erfolg operiert.
Wir
haben leider nicht die Geschichte zu seinen Kniegelenken
herausbekommen bzw. verstanden. Beide Knie sind mehr oder weniger
steif, sie lassen sich nur minimal bewegen. Seit wann das so ist und
wieso – keine Ahnung. Jedenfalls konnte eine geplante OP für beide
Kniegelenke wegen des fehlenden Geldes nicht durchgeführt werden.
Außerdem
kommt es in Stresssituationen zu erheblichen vegetativen Reaktionen:
Schwitzen, Hypertonus, Atmung - Hyperventilation, Herzrasen.
Johannes
hat so mit den Jahren seine Form der Fortbewegung gefunden. Dafür
wurde er in der Schule von den anderen Schülern so „gehänselt“,
dass er herausgenommen wurde.
Über
Schmerzen klagt er fast gar nicht.
Da
die Hüftgelenke frei beweglich sind, jedoch die Muskulatur in den
Beinen atrophiert bzw. die Kraft durch die Muskulatur kaum vorhanden
ist, ist die Frage, wie kriegen wir Johannes in eine aufrechte
Position, welche Unterstützung können wir ihm geben.
Wir
entschieden uns für erstmal für eine „passive“ Behandlung der
Füße und Beine: Wahrnehmung, Mobilisation und Entspannung. Dieses
genoss Johannes im zunehmenden Maße.
Gleichzeitig
gaben wir ihm 2 Achselstützen (Idee von einer FSJ-lerin), die wir
noch anpassten.
Obwohl
er beim Gang auf allen Vieren schneller war, nutzte Johannes diese
Stützen mit riesengroßer Freude sofort!!!!
Wir
hoffen, das Johannes mit seiner großen Eloquenz und Freude an der
Bewegung, das Gehen mit den Stützen auch zu Hause „perfektionieren“
kann und so für einen Schulbesuch in Daressalam (Schule für Kinder
mit körperlichen Einschränkungen) ab Januar 2020 in Frage kommt.
Ein
Problem wird dann noch die Finanzierung sein. Das Diakoniezentrum hat
über Patenschaften aus Deutschland ein großes Schulprogramm. Dieses
wird im Stuttgarter Raum koordiniert. Wer Fragen dazu hat, kann sich auch gerne
erstmal an mich wenden.
Erasto,
14 Jahre alt, einen 8-jährigen Bruder, ist seit Geburt stark geistig
und körperlich behindert.
Er
lautiert, spricht keine Worte, hört schwer und muss komplett
versorgt werden (Essen, Toilette, an- und ausziehen).
Seine
Haltung ist sehr gebunden, das heißt Arme und Beine sind sehr stark
gebeugt. Damit kann er ein wenig krabbeln. Dabei ist er an die
Feuerstelle im Haus herangekommen und hat sich dabei die linke Hand
verbrannt.
Die
Mutter freut sich nach wie vor über die Entdeckung kleine
Entwicklungsschritte von Erasto.
In
der Einzelbehandlung stand als großes Thema die „Basale
Stimulation“ - ein langsames klares Arbeiten an der
Eigenwahrnehmung des Körpers über die Hände des Behandlers und /
oder über den Kontakt zum Boden.
Erasto
entspannte sich nach einiger Zeit deutlich und es „entspann“ sich
ein Bewegungsdialog, der in einem Rollen von der Seitlage in die
Bauchlage und weiter bis zur Rückenlage endete. Zum einen hatte
Erasto einen großen Spass daran und zum anderen kam er aus der
gebundenen Haltung heraus und konnte sich am 3. Tag auf beide Arme in
einer seitlichen Position aufstützen.
Auch mit der Mutter haben wir gearbeitet: Sie hat Erasto (wie wir es auch bei anderen Eltern gesehen haben) an einem Arm gefasst und ihn so hochgehoben. Wir haben ihr gezeigt, wie es anders gehen kann und sie damit zugleich Erasto neue Bewegungserfahrungen geben und es sich selbst auch leichter machen kann.
Noel,
7 Jahre alt, auch seit Geburt körperlich behindert: eine
Cerebralparese mit einem dyskinetischen Syndrom. Das heißt, das
Gehirn ist seit (oder vor) der Geburt geschädigt, die Bewegungen
erscheinen unkoordiniert, über das Ziel hinausschießend.
Noel
hat 2 Geschwister, braucht Hilfe beim Essen, der Toilette und beim
aus- und anziehen.
Einzelne
Worte kann er formulieren. Er hat höchstwahrscheinlich keine
Intelligenzminderung.
Mittlerweilen
kann er sicher sitzen.
Leider
war er ab dem 2. Tag stark erkältet, vor allem die Hustenattacken
ließen ihn nicht in Ruhe und eine wirkliche Behandlung nicht zu.
Dafür
konnte aber mit der Mutter gearbeitet werden: drehen und rollen, über
die Seite das Kind aufnehmen und wieder hinlegen.
Was
wir oft gesehen hatten war, dass die Mütter ihre Kinder an einem Arm
greifen, vom Boden aufheben und entweder auf den Rücken oder
anderswo ablegen.
Furaha
ist 9 Jahre alt und macht seinem Namen alle Ehre - Freude
Er
wurde mit Saugglocke geboren und ist Tetraspastiker (Arme und Beine
betroffen).
Für Furaha ist es das 2. Physio-Seminar, an dem er teilnimmt.
Der
Wunsch des Vaters ist mehr Beweglichkeit für seinen Sohn. Unsere
Idee ist ein Rollstuhl für ihn, weil er beim Gehen auf den Füßen
seine Spastik verstärkt. Außerdem möchten wir mit ihm an seiner
Feinmotorik arbeiten, damit er sich alleine an- und ausziehen kann
und auch besser selbstständig essen kann.
In
den Einzelstunden haben wir sitzend am Bodenkontakt gearbeitet.
Furaha hat ein feines Gespür und selbst wenn wir keine Übersetzung
hatten verstand er sofort, was ich von ihm wollte. Er konnte in
Rückenlage irgendwann seine Knie küssen, was er sehr witzig fand,
er schaukelte mit meiner Hilfe an seinem Kopf, bis er zum Sitzen kam,
auch darüber hat er sich gefreut. Dann krabbelten wir über eine
lange Matte, er hat gelernt seine Knie anzuheben und seine Beine zu
differenzieren, zu Beginn hatte er die Knie gleichzeitig über den
Boden geschleift, und er lief auf meinen Fußrücken. Auch kann er
Säckchen und weiche Bälle mit der rechten Hand von einem Ort an
einen anderen legen, wenn ich ihm die linke Hand festhalte.
Furaha
bekommt einen Rollstuhl, den ersehr schnell selbst bedienen kann und
womit er und sein Vater glücklich sind.
Heri
ist Epileptiker, 11 Jahre alt und da seine Mutter nicht mehr lebt mit
seiner Großmutter da. Der Großvater ist blind. Heri wirkt als hätte
er Parkinson, er aht kaum Mimik und wir freuten uns sehr, wenn er hin
und wieder lachte. Er reagiert verzögert, bewegt sich erst mal sehr
langsam und nach einigen Wiederholungen wird sein Bewegungsablauf
etwas schneller und sein Radius größer. Außerdem hat er enorme
Orientierungsstörungen, wenn er zum Beispiel innerhalb von 5 Minuten
gelernt hatte einen Ball auf ein Ziel zu werfen, wir dann das ganze
umkehrten und er sich drehte um in die andere Richtung zu werfen, war
es als müsse er wieder neu werfen lernen. Die Großmutter ist sehr
fordernd und versteht nicht, dass Heri für alles sehr viel Zeit
braucht. Ein großes Problem ist, dass es keine Angehörigen gibt,
die den Jungen übernehmen könnten, wenn die Großeltern mal nicht
mehr sind. Wir gehen davon aus, dass dei Großmutter überfordert
ist, ihm seine Medikamente nicht regelmäßig gibt, Heri viele
Anfälle hatte und sein Gehirn großen Schaden genommen hat. Ich
machte ein Wohlfühlprogramm mit ihm, in dem wir trotzdem versuchten
Schuhe an- und ausziehen zu üben, verschiedene Gegenstände zu geben
und zu nehmen in alle Richtungen. Zu werfen und zu fangen. Am 2. Tag
war die Oma überrascht, dass Heri nach ½ Stunde die Arme hoch über
den Kopf heben konnte um den Ball entgegenzunehmen.
Rehema
ist mit dem Vater da, sie ist 8 Jahre alt, klein wie 3 und hat nur
sehr kurze Oberarme, noch kürzere Unterarme, mit nur 1 Finger und
kontrakte Ellenbogen. Auf dem Zettel der Klinik steht Congenital
Malformation. Auf jeden Fall hat sie eine starke geistige
Behinderung. Sie malt auffällig kräftig und laut mit ihren Zähnen.
Sie ist ein Zwilling, das andere Mädchen ist gestorben. Die Mutter
lehnt sie ab und kümmert sich nur um das Geschwisterkind. Der Vater
hat mit ihr sehr viel geübt, was ihm in Kliniken gezeigt wurde und
hat sie zum Stehen und gehen gebracht. Sie hat einen starken Willen
und wenn ihr etwas Spaß macht, wie zB klettern und rutschen will sie
immer das Gleiche. Als ich die Rutsche versteckt hatte konnten wir
sehr schön Säckchen sortieren und sogar mit einem dicken Stift
zusammen auf Papier krakeln. Während sie konzentriert beschäftigt
ist hören die Malgeräusche ihrer Zähne auf. Unsere Empfehlung an
den Vater war neben all den spielerischen Übungen, die er bestimmt
macht, Rehema auf Brotrinde lutschen zu lassen, damit sie ihre Zunge
und die Kaumuskeln mal anders benutzt.
Devi ist 7 Jahre alt, hat eine Cerebralparese, Lähmung im linken Arm, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen ist sehr schwierig und er hält ihn nicht. Er imitiert Laute, kann also hören, gibt hohe schrille Schreie von sich, schnalzt mit der Zunge, er isst selbst mit den Fingern, was hier sowieso normal ist, hat allerdings kein Sättigungsgefühl und erbricht sich, wenn er zuviel gegessen hat. Er klatscht in einem unglaublichen Tempo zur Selbsstimulation. mit der rechten Hand in die linke hat eine geistige Behinderung. Unsere Idee für die Therapie ist hauptsächlich Basale Stimulation. Ich habe dünne bis dicke Rollen und Bälle über ihn gerollt, ihn eng in ein Handtuch gewickelt. Er kann am Boden sitzend sich auf die rechte Hand stützen, das machten wir lange, um dann auf links zu wechseln, wobei ich ihm half.
Am
3. Tag nahm er klarer Blickkontakt auf und hat mit Erasto, der im
gleichen Raum behandelt wurde, gelacht. Sie haben sich gegenseitig
angesteckt. Das hat viel Freude gemacht.
Insgesamt
hat mir die Arbeit mit den Kindern viel Freude gebracht, ich habe
kleinere und größere Entwicklungsschritte gesehen und glaube, dass
auch die Mütter Freude beim Zuschauen hatten. Meine Hoffnung ist,
dass die Eltern ihre Kinder mit ihren Handycaps mit positiverem Blick
betrachten können und vielleicht ein paar Kontakte halten, die sie
während des Aufenthalts in Tandala geschlossen haben.
Pädagogisches
Spielangebot in Gruppen
Parallel
zu den physiotherapeutischen Einzelbehandlungen gab es Spielangebote,
angeleitet von Birgit, Heilerziehungspflegerin. Sie hatte
Unterstützung von Agneta, einer tansanischen Erzieherin und jeweils
einem FSJler zum Übersetzen.
Am Vormittag fanden 2 Gruppen statt und
am Nachmittag eine, an der auch Ina teilgenommen hat. In den Gruppen
waren jeweils 3 Kinder mit ihren Eltern.
Wir
alle stellten uns spielerisch mit Namen vor, sangen Lieder mit
Bewegungen und spielten gemeinsam z.B. mit dem Schwungtuch, Bällen,
Luftballons und Holzbausteinen, die kurz vorher in der Tischlerei für
uns aus Resten angefertigt wurden.
Von
Anfang an, war es ein freudiges und fröhliches Miteinander. Auch die
Eltern hatten Spass am gemeinsamen Spiel.
gemeinsam singen mit Gebärden |
Ein
wichtiger Teil in diesem Angebot war auch das Malen, Zählen und
Sortieren von z.B. Bausteinen, Bohnen und Steinen in verschieden
große Gefäße. Die Kinder waren dabei sehr konzentriert und
kreativ.
die gemalten Bilder an der Wand
|
Für
die schwerer behinderten Kinder gab es Einzelförderung im
Bällchenbad oder auf dem Pezziball. Besonders beliebt war das
Geschaukelt werden im Schwungtuch.
Das
Zählen dabei in beiden Sprachen (Suaheli und Deutsch) war für die
Kinder ein Lernfeld und natürlich auch für uns.
Anschließend war
Zeit, um sich mit den Eltern auszutauschen.
Am späten Nachmittag des letzten Tages kamen wir alle auf einer Wiese zusammen: die Kinder, die Angehörigen und das Team.
Wir
brachten gemeinsam das große Tuch in Schwung und ließen es als
letztes in den Himmel steigen.
Danach
ergab es sich, dass einige Eltern etwas zu diesen Tagen sagten und
sich bedankten. Auch jeder von uns sprach noch ein paar Sätze, die
jeder für wichtig erachtete. Eine wunderbare Abschlusstimmung
entstand dadurch.
Diese
4 Tage mit 9 Kindern + 1 Geschwisterkind und den Angehörigen waren
sehr intensiv.
Was
mich besonders fasziniert hat, war dabei das ineinandergreifen von 4
verschiedenen Dingen:
Zum
einen die physiotherapeutischen und die pädagogischen Spielangebote,
zum
anderen kamen die Angehörigen miteinander ins Gespräch und sie
erlebten eine inklusive Lebens- und Arbeitsgemeinschaft der
MitarbeiterInnen des Diakoniezentrums
und
zuguterletzt waren die Kinder zum größten Teil miteinander im
freien Spiel beschäftigt!
Ganz
besonders möchte ich mich bei Agneta und den 4 FSJ-lern bedanken,
die alle fast durchgängig mit einer großen Neugierde dabei waren,
uns unterstützt, übersetzt und Fragen gestellt haben.
Nach
dem Abendbrot besprachen wir noch das für den nächsten Tag
vereinbarte Abschlussgespräch mit der Leitung des Diakoniezentrums.
22.
Tag
Samstag,
25.5.19
Am
Morgen lachte wieder die Sonne vom blauen Himmel auf uns herab. So befreiten wir Tisch und Stühle aus dem Frühstücksraum
und genossen so das Frühstück mit dem Blick in die Berge.
Natürlich
waren wir wieder zu früh zum Gespräch……, aber pole pole, immer
mit der Ruhe!
Zu
neunt saßen wir dann ein wenig später in Elikanas Büro.
Wir
wurden um unsere Eindrücke und Erfahrungen der letzten 3 Wochen
gebeten und um einen fachlichen Rat für die Zukunft der
Arbeitsbereiches der sozialpädagogisch orientierten Physiotherapie.
Darüber
vergingen die nächsten 3,5 Stunden…..
Eine
kurze Zusammenfassung:
Die
Räumlichkeit und die vorhandenen Materialien sind ausreichend,
ergänzende Einbauten (Regale u.a.) und einige Reparaturen haben wir
konkret angesprochen.
Die
fachliche Zusammenarbeit mit Kirimia war hervorragend. Er ist für
diese Arbeit mehr als geeignet. Außerdem kommen ihm die Ausbildungen
und Tätigkeit als Grundschullehrer und Diakon für den sehr
vielfältigen Arbeitsbereich zu Gute.
Er
wird auch in Zukunft neben der physiotherapeutischen Arbeit Leitungs-
und andere Aufgaben im Diakoniezentrum übernehmen. Um eine größere
Kontinuität zu gewährleisten, muss kurz, mittel- und langfristig an
eine personelle Verstärkung gedacht werden.
Diese
wären kurzfristig durch die weitere Hilfe eines FSJ-lers, vielleicht
mittelfristig durch eine „Fachkraft auf Zeit“ (ausgebildete/r
PhysiotherapeutIn aus Deutschland, Vermittlung durch die
Missionswerke) und langfristig, die Ausbildung von Physios in
Tansania.
Das
alles braucht natürlich auch eine Finanzierung.
Der
„Seminargedanke“ für Kinder / Angehörige sowie für Erwachsene
hat sich in unserer Zeit als sehr effektiv herausgestellt.
Diese
Arbeitsform für die Kinderseminare, Einzel- und Gruppenangebote und
die Möglichkeit des Austausches der Angehörigen untereinander sowie
Beratungs- und Informationsangebote durch das Diakoniezentrum stellt
eine sehr „runde“, in sich geschlossene Sache dar.
Wir
hatten die Idee, dass es eine stabile Gruppe geben könnte, die sich
4x im Verlauf eines Jahres trifft.
Hier
könnte man differenziert auf die Entwicklung der Kinder oder / und
des Elternhauses eingehen und hätte zugleich eine Vertrauens- und
Wiedererkennungsbasis auf beiden Seiten.
Außerdem
könnten sich soziale Kontakte unter den Eltern und den Kindern
bilden und festigen.
Die
physiotherapeutische Arbeit mit den Erwachsenen könnte gut mit den
bereits etablierten handwerklichen Seminaren im Diakoniezentrum
zusammengefügt werden.
Wir
haben auch gesehen, wie beschwerlich Hausbesuche mit der Idee einer
Behandlung sind: vor allem in der Regenzeit (6 – 7 Monate) sind die
Straßenverhältnisse und die Bedingungen in den Häusern sehr
beschwerlich.
Hier
muss sicherlich nach anderen Möglichkeiten gesucht werden.
Nach
dem Gespräch gab es ein gemeinsames Abschiedsessen und ein
herzliches Umarmen:
Asante
sana und ein Kwa heri von beiden Seiten.
Ich
möchte mich an dieser Stelle auch bedanken:
Danke
an Ina, Sylke und Birgit – dass sie mit dabei waren, ihre hohe
fachliche Kompetenz eingebracht haben und wir uns gemeinsam 3 Wochen
durch Höhen und Tiefen mit Achtung und Respekt voreinander bewegt
haben.
Danke
an die Partner, die lange Zeit auf uns verzichten „durften“.
Danke
an das Leipziger Missionswerk, die Lothar-Rochau-Stiftung, Pro
Tandala e.V. und die Evangel. Stiftung Neinstedt, die diese Reise
finanziell unterstützt haben.
Ein Dankeschön an das Sanitätshaus Paul Schulze aus Berlin, die Hilfsmittel kostenlos bereit gestellt haben.
Danke,
an die MitarbeiterInnen im Diakoniezentrum, die uns umsorgt und uns
mit unserer Kultur aushalten durften.
Und
Danke an Kirimia, mit dem wir 3 Wochen, zum Teil mehr als 12 Stunden
täglich verbracht haben – für seine Ruhe, Ausstrahlung und
Begleitung – aber auch für seine Neugierde!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen