Dienstag, 19. Januar 2021


Teil 1

03.06.2019

Seit über 4 Wochen bin ich wieder in Tansania.
Im Moment sitze ich an einem Strand auf Sansibar und habe die letzten Zeilen des folgenden Berichtes geschrieben.
Seit 2016 bin ich jetzt bereits das dritte Mal in den Bergen im Süden Tansanias in einem Diakoniezentrum.

Diesmal wurde ich von einem wunderbaren Team begleitet:
Sylke, Feldenkraislehrerin und Physiotherapeutin mit eigener Praxis aus Berlin,
Ina, Physiotherapeutin, auch aus Berlin und Birgit, Heilerziehungspflegerin aus Quedlinburg.
Mit Ina und Sylke bin ich schon seit langem freundschaftlich verbunden, Birgit habe ich im Zusammenhang mit meinem Engagement im Verein „Pro Tandala“ kennen und schätzen gelernt.
Unsere Arbeitsweise im Alltag unterscheidet sich schon, Ansatz und Intention unserer therapeutisch-pädagogischen Arbeit sind wir aber auf einer Welle. So können wir uns in Tansania gut ergänzen
Das gesamte Team traf sich vor der Reise 2 Mal, in Berlin und Quedlinburg.
Unser 3. Treffen war dann schon am Flughafen Berlin-Tegel…..
Früh um 6.45 Uhr ging es über Zürich nach Daressalam.



Für alle, die nicht genau wissen, was mich mit Tansania verbindet – hier eine kurze Einführung:
Vor genau 30 Jahren begann ich in Neinstedt (Ostharz) eine Ausbildung zum Diakon. In dieser Zeit lernte ich dort 2 Tansanier, Elikana und Sedekia, kennen. Wir freundeten uns an. Beide gingen nach ihrer Ausbildung (Diakon und Heilerziehungspfleger) wieder zurück nach Tansania, nach Tandala – ganz im Süden des Landes und mitten in den Bergen gelegen. Sie bauten dort ein Dikoniezentrum auf. Im Mittelpunkt standen und stehen einerseits Menschen mit körperlichen und auch geistigen Einschränkungen, Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen und Waisen.
Diese werden individuell begleitet, gefördert, beraten und in Schul- oder Ausbildungsverhältnisse gebracht. Mittlerweile arbeiten im Diakoniezentrum selbst über 20 Mitarbeiter.
Seit knapp 5 Jahren begleite ich einen jungen Tansanier, Kirimia Ilomo, während seiner Diakon- und vor allem seiner Physiotherapieausbildung, die auch er in Neinstedt und in Quedlinburg erfolgreich absolviert hat. Seit genau einem Jahr ist wieder zurück und baut seitdem im Diakoniezentrum die Physiotherapie auf.
Zusammen haben wir während seiner Zeit in Deutschland konzeptionell den Praxisaufbau und die materielle Ausstattung versucht zu erarbeiten.

Im Oktober 2017 war ich dann für 4 Wochen vor Ort und wir haben die ersten Schritte gemeinsam unternommen. Dieses habe ich in dem Blog www.torstenintansania.blogspot.com beschrieben

Im August 2018 war ich mit meiner Tochter Leah das 2. Mal wieder für 4 Wochen in Tansania.
Bei diesem Aufenthalt stand die Fertigstellung der Räumlichkeit / Praxis im Diakoniezentrum, die Anbahnung eines Netzwerkes und ein weiteres Physiotherapeutisches Seminar für Kinder und deren Angehörige im Mittelpunkt. Das habe ich unter www.torstenintansania2.blogspot.com festgehalten.

Gegen 22 Uhr wurden wir mit Gepäck und Visum am Flughafen von Daressalam vom Taxifahrer des gebuchten Hotels in Empfang genommen.
Durch das dunkle und feuchte Daressalam ging es zum „Garden Inn Hotel“.
Einfaches Hotel mit Restaurant, nur 10 – 15 Autominuten vom Flughafen entfernt.
Nach einem gemeinsamen Nachtmahl bei intensiver tansanischer TV-Beschallung, freuten wir uns auf das Bett.

2. Tag
Sonntag, 05. Mai 2019
Es ist tatsächlich noch Regenzeit in Tansania…. Es regnete den gesamten Vormittag, eher mehr als weniger. Da unser Inlandsflieger nach Mbeya erst um 15 Uhr starten sollte, ließen wir es ganz ruhig angehen.
Durch den Regen hatte sich auch die Idee auf einen nahegelegenen Markt zu gehen, erledigt.




















Mit der Ruhe war es aber auch recht schnell vorbei:
Wir hatten die Idee, den Flug nach Mbeya nochmals online zu checken. Leider haben wir keinen gefunden!!!!
So sind wir ziemlich rasch mit dem Taxi (+ Gepäck natürlich) zum Flughafen gedüst.
Dort am Schalter der Fluggesellschaft, bekamen wir die Auskunft, dass der Flieger bereits um 13 Uhr geht, also 2 Stunden eher und der Check inn gleich schließt…… Etwas schweißgebadet durch Hektik und Sicherheitskontrolle kamen wir zum Schalter, wo noch ca. 15 Menschen anstanden…..
Kein Stress am Schalter - pole pole!!!

In aller Ruhe gaben wir dann unser Gepäck ab, bekamen auch noch 4 zusammenhängende Plätze und warteten so auf den Aufruf zum Flieger.
Währenddessen erhielt ich von Kirimia eine WhatsApp Nachricht mit Bild: ein in einen Straßengraben gerutschter Jeep war zu sehen. 2 Stunden später sollten sie uns vom Flughafen abholen…..






Dann wurde zum Einstieg aufgerufen – jedoch nicht wir: auf unserer Bordkarte stand doch 15 Uhr (!) aber mit der Flugnummer von 13 Uhr…..
Plötzlich hatten wir wieder Zeit!!!! Und der Jeep wurde auch befreit.
Der Flug dauerte 40 Minuten länger, als angekündigt – es wurde eine andere Maschine bereit gestellt.
So kamen mir mit unserem Gepäck glücklich und zufrieden am späten Nachmittag in Mbeya an, Kirimia und Jona erwarteten uns freudestrahlend.






















Damit war aber auch klar, dass wir eine Nacht in Mbeya bleiben, da die Dunkelheit ab 18.30 Uhr hereinbricht und eine 100 km lange Offroad-Tour durch die Bergwelt nicht mehr angesagt ist.
Wir fanden auch noch ein kleines einfaches Hotel.
Zum Abendbrot waren wir von Kirimias Schwester und Mann eingeladen. Beide leben mit ihren Kindern und der Tochter von Kirimia in einem Haus in der Nähe von Mbeya.
Es war ein sehr herzlicher Abend, da ich die Familie ja schon vom letzten Male kannte. Besonders freute ich mich über das Wiedersehen mit Abigel (Tochter von Kiri). Die Zeit war allerdings zu kurz, um einen intensiveren Kontakt mit ihr aufnehmen zu können.

3. Tag
Montag, 06. Mai 2019
Nach einem einfachen Frühstück in dem kleinem Hotel ging es gegen 8.30 Uhr mit dem Jeep nach Tandala.

Ich kannte diese Strecke aus meinen vorigen Aufenthalten. Jedoch erlebte ich sie vollkommen anders: zum einen war es nicht staubig und alles war satt grün!!! Es war eben noch Regenzeit. Zum anderen war die Straße selbst aufgrund des Regens, zum Teil total aufgeweicht. Immer wieder standen Autos, vor allem aber LKW´s abgerutscht am Fahrbahnrand oder festgefahren mitten auf der Straße in einer bis zu mehreren Metern breiten und langen aufgeweichten Lehmkuhle. Wir kamen teilweise nur über abenteuerliche Umwege im Allradmodus an den liegengebliebenen und den dadurch „im Stau stehenden“ Fahrzeugen vorbei.




Die Alternativroute
















Wir haben es geschafft........

Auf den letzten 30 km begleitete uns eine Baustelle: von Njombe über Tandala nach Makete wird die Straße neu gebaut. Es soll eine Straße mit Asphaltbelag entstehen. Breite Schneisen sind entstanden, rechts und links von diesen führt unsere Straße (vom Regen ausgewaschen und vor allem von den Baufahrzeugen befahren) daran vorbei.


Gut durchgerüttelt und geschüttelt, von kleinen Adrenalinstößen immer wieder aufgeputscht, kamen wir nach 5,5 Stunden im Diakoniezentrum in Tandala an.
Dort wurden wir von der Mitarbeiterschaft mit Blumen und Gesang auf das herzlichste empfangen.
Obwohl ich darauf vorbereitet war, war es wieder unglaublich diese Freude und Wärme zu spüren. Wir waren alle 4 sehr sehr berührt!!!






Nach einem gemeinsamen Essen und einer offiziellen Begrüßung bezogen wir unsere Zimmer in der Lodge und machten einen ersten Erkundungsgang durch das Diakoniezentrum.

Nachtrag zu diesem Tag:
Immer wieder habe ich von Kirimia und Elikana sagen gehört, welche Schwierigkeiten es in der Regenzeit hier gibt. Von daher bin ich sehr froh (im Nachhinein), dass ich diese bezogen auf die Straßenverhältnisse erleben konnte / musste. Es muss definitiv mehr an Zeit und Energie (für den Fahrer) und ein mehr an den „Abnutzungskosten“ der Fahrzeuge aufgebracht werden!


Blick von unserer Unterkunft im Diakoniezentrum -
oh,, wie grün ist Afrika!!
Abendstimmung


die niedlichen Affen bedienen sich im Gemüse- und
Obstgarten des Diakoniezentrums

4. Tag
Dienstag, 07. Mai 2019
Wie an jedem Arbeitstag beginnt der Tag im Diakoniezentrum mit einer gemeinsamen Andacht für alle MitarbeiterInnen. Neben der Andacht finden in diesem Rahmen Informationen, Grüße und Begrüßungen ihren Platz.
So durften wir uns ausführlich nochmals der gesamten Mitarbeiterschaft vorstellen.
Anschließend besuchten wir die Gruppengymnastik für die Mitarbeiter der Schreinerei.
Jeden Tag gibt es für jeweils eine Mitarbeitergruppe ein Gymnastikangebot (30 Minuten), welches von den FSJlern oder Kirimia durchgeführt wird.
Nach dem Frühstück führte uns Kirimia durch die verschiedenen Arbeitsbereiche des Zentrums. Dabei ergaben sich immer wieder kurze Gespräche mit den MitarbeiterInnen.
In aller Ruhe vergeht dabei ein ganzer Vormittag.
Den Nachmittag verbrachten wir im Dorf. Neben kleineren Einkäufen (Obst, Regenschirm) erstanden wir alle eine tansanische Telefonkarte, so dass wir unabhängig von WLAN Kontakt mit der weiten Welt halten können.


Die Karte ist im Handy!

Natürlich gab es auch ein erstes konkretes Planungsgespräch.
Ab unseren 5. Tag / also ab Mittwoch wird ein physiotherapeutisches Seminar für Erwachsene stattfinden. Dieses wird bis Samstag, also 4 Tage lang sein. Die Seminaristen werden im Zentrum schlafen und verpflegt. 11 Personen sind angemeldet, mit den unterschiedlichsten Diagnosen / Symptomen und Fragestellungen.
Sylke und ich werden geschlechtsspezifisch arbeiten.
Kirimia wird neben dem Übersetzen eher bei mir sein: wir werden die Behandlungen jeweils vorbesprechen und dabei entscheiden, ob Kirimia oder ich oder wir abwechselnd behandeln.
Parallel zu diesem Seminar gehen Ina und Birgit einen kleinen Kindergarten, um zu schauen, evtl. den Erzieherinnen Unterstützung, Anregungen und Ideen zu geben.
Ein 2. Seminar wird in der 3. Woche stattfinden. Hier sind dann Kinder mit körperlichen und geistigen Einschränkungen mit jeweils einen Angehörigen eingeladen.
Die Seminaristen (Erwachsene und Kinder) sollen pro Tag mindestens eine Anwendung erhalten, am ersten Tag gibt es für jeden ein Aufnahmegespräch.
In der 2. Woche werden wir in der Umgebung Hausbesuche bei Familien mit gehandicapten Kindern machen.

Ab dem Nachmittag kamen die ersten erwachsenen Seminaristen im Zentrum an.
Auch musste der Physioraum noch ein wenig vorbereitet werden. 
Er wirkte doch ein wenig verwaist - regelmäßig finden (leider nur) die Gruppen statt.
Aber er ist nach wie vor sehr freundlich und einladend. Grundsätzlich habe ich mich darüber sehr gefreut, dass der Raum weiterhin angenommen wird!!!
Wie er noch mehr durch Kirimia physiotherapeutisch genutzt werden kann, werden wir sicher in den Tagen unseres Aufenthaltes besprechen.

5. - 8. Tag
Mittwoch, 08.05.19 – Samstag, 11.05.19
Nach der Andacht (auch die Seminaristen wurden begrüßt) und dem Frühstück begannen Sylke, Kirimia und ich mit den Aufnahmegesprächen.
Spontan hatten Sylke und ich beschlossen, dass wir ab Donnerstag nach dem Frühstück für die Seminaristen noch eine Feldenkrais-Gruppenstunde anbieten.
Bis zum Mittag sind tatsächlich alle 11 gekommen, wobei 2 Frauen davon im Diakoniezentrum „beheimatet“ sind.

Folgend sind alle Seminaristen und unsere "Interventionen" kurz beschrieben:

Als erstes sprachen wir mit Linus.S.
Ein ca. 35 jähriger Mann, dem durch einen Motorradunfall 2009 das linke Bein bis zum Oberschenkel amputiert werden musste.
Er wurde mit einer Prothese versorgt, die mittlerweilen nicht mehr passt und auch in den Gelenken defekt ist.
Er selbst ist im Gespräch sehr präsent und im Alltag sehr aktiv: arbeitet als Imker und in der Holzwirtschaft, verheiratet + viele Kinder.
Er spricht zwar von gelegentlichen Rückenbeschwerden und Phantomschmerzen im abgenommenen Bein, möchte aber jetzt nur finanzielle und wirtschaftlich Hilfe und Unterstützung (neue Prothese, Unterstützung in der Selbstständigkeit – Arbeit).

Als zweites saßen wir mit Hidaya.S. zusammen.
Eine eher schüchtern wirkende 38jährige Frau, mit leiser Stimme, Mutter zweier Kinder (11 und 5 Jahre alt), seit 3 Jahren verwitwet.
Vor 20 Jahren begann es im rechten Bein zunehmend zu schmerzen. Es stellte sich ein aggressiver Knochentumor als Ursache heraus. So kam es dann im weiteren Verlauf zu einer Amputation bis zum Unterschenkel. Sie ist mit einer Prothese versorgt, die leider nicht weiter angepasst wurde.
Sie geht an 2 Unterarmstützen, die aber auch defekt sind.
Je nach Umfang der Belastung (gehen und stehen) braucht sie entsprechende Pausen.

Beide Seminaristen konnten wir mit Unterarm - Gehstützen neu versorgen.
Leider gingen sie bereits am 2. Tag wieder nach Hause. H.S. wegen ihrer Kinder und L.S. wegen seiner Arbeit und weil er außer der Beratung nicht wirklich was von uns wollte.
Hidaya.S. erhielt von Sylke noch eine Einzelbehandlung in der es vorwiegend um ihre Schultern und Arme ging um das Gehen mit den Stützen zu erleichtern. Linus.S. ging nach der morgendlichen Feldenkrais-Gruppenstunde gut gelaunt nach Hause.

Jimson M., 56 Jahre, lebt alleine in einem sehr kleinem Haus und arbeitet auf dem Feld. Er hat 2 angeborene Klumpfüße – das heißt er läuft mehr oder weniger auf beiden Fußrücken. Seine Eltern hatten sich gegen eine OP entschieden.
Von sich aus sagt er, dass er keine Einschränkungen bei irgendwelchen Aktivitäten aufgrund seiner Füße hat.
Erst nach weiteren Nachfragen gab er Schmerzen in beiden Armen und Beinen nach größerer Belastung (Arbeit) an. Dann nehme er sich Pausen bis zu mehreren Tagen bis die Schmerzen dann weg sind.
Ansonsten wirkt er eher introvertiert, hält auch deutlichen Abstand zu den anderen.
Er bekam in den nächsten beiden Tagen jeweils eine Einzelbehandlung im „Zusammenspiel“ zwischen Kirimia und mir.
Im Vordergrund standen eine allgemeine Entspannung und spezifisch für Arme und Beine die Behandlung der Schmerzsymptomatik.
Leider musste J. einen Tag früher gehen / fahren, da es Sonntags keine Busverbindung bis zu seinem Dorf gibt.


Im Nachgang beschließen wir, dass wir J. besuchen werden, um die Wohn- und Lebensverhältnisse besser einschätzen zu können.
                                                                         

                           


Jonathan S., Mitte 30, Handwerker, alleinlebend musste aufgrund einer Erkrankung der peripheren Arterien (pAVK) der rechte Unterschenkel amputiert werden. Er wurde sehr schnell mit einer Prothese versorgt. Hier besteht aktuell ein Anpassungsbedarf.
Er klagt über „Phantombeschwerden“ und nächtliche Schmerzen im rechten Oberschenkel und hat Angst vor einer Neuerkrankung im linken Bein.
Die Diagnose „pAVK“ haben wir erst im Gespräch aufgrund des Krankheitsverlaufes „erstellt“, er selber wusste sie nicht.
In den Behandlungen stand zunächst die Aufklärung und Beratung im Vordergrund.
Dann zeigten wir spezifische Übungen für ihn und arbeiteten am Gleichgewicht und am Gang.

Jenni T., 18 Jahre, lebt und arbeitet seit kurzem im Diakoniezentrum und ist hier in der Schneiderausbildung. Sie wirkt erstmal sehr unsicher.
Seit ihrer Geburt hat sie einen Hydrocephallus und eine sehr starke skoliotische Verformung der Wirbelsäule, so dass Rücken, Brustkorb, Bauch und Becken in der Form, Beweglichkeit und Funktion davon stark betroffen sind. Insgesamt ist sie ca. 1,30 m groß.
Dazu kommt noch eine Beugekontraktur im linken Ellbogen, sowie der Verlust des rechten Auges.
Sie selbst sagt, dass sie genug mit dem einen Auge sieht. Sie mag ihre Arbeit in der Schneiderei, möchte aber später lieber im Haushalt arbeiten.
Seit sie im Diakoniezentrum lebt, hat sie gelernt, selbstständig zu kochen, zu waschen und ihr Zimmer in Ordnung zu halten.
Sie empfindet sich als wenig belastbar, weil ihr Atem und ihr Herz schneller werden – schon beim Gehen kurzer Strecken.
Erst mit 3 Jahren begann sie langsam zu laufen.
In den beiden Einzelbehandlungen ging es um die Themen Drehen / Drehung, Länge und Beruhigung.                                      

                                                


Auch Hekima M., 39 Jahre, verheiratet, 1 Tochter, arbeitet im Diakoniezentrum als Anleiterin für die Lehrlinge der Schneiderei.
Mit 3 Jahren erkrankte sie an Polio, erst mit 7 Jahren konnte sie wieder sitzen und mit 10 Jahren das erste Mal an Stützen gehen. Beide Beine sind gelähmt. Sie kann sich nur mit 2 Achselstützen gehend fortbewegen.
Ihr Wunsch ist eine Hilfe im Alltag
Neue Stützen hatten wir aus Deutschland mitgebracht.
In den Behandlungen ging es auch um den Schulter-Arm-Bereich um das Gehenan den Stützen zu erleichtern und um die Beine und Füße - damit letztere wieder mehr Gewicht auf den Boden bringen können. 

Daniela K., auch 39 Jahre alt, alleinstehend, 3 Kinder. Sie war schon öfter im Diakoniezentrum zu handwerklichen Seminaren (Flechten von Körben u.a.). 
Diese stellt sie jetzt auch zu Hause her und kann sie auf dem Markt verkaufen.
Die Diagnose für ihre körperliche Einschränkung ist komplett unklar: Im Alter von 6 Jahren bekam sie Fieber und gleichzeitig Schmerzen in den Beinen. 1 Jahr war sie im Krankenhaus.
Das Linke Bein ist gelähmt, wobei das Hüft- und das Kniegelenk in einer starken Beugung kontrakt (versteift) ist. Der linke Fuß hängt.
So kann sie ihr linkes Bein nicht auf den Boden bringen!
Sie beklagt Schmerzen im rechten Fuß und im Rücken und Sensibilitätsstörungen im linken Bein.
Sie geht mit Hilfe eines langen Stabes, den sie als Ersatz für ihren linken Bein benutzt.
Die Beweglichkeit im Rücken, Hüftgelenk und Knie standen in der Behandlung im Vordergrund.
Im Sitzen und im Liegen konnten wir daran arbeiten, dass der linke Fuß wieder Bodenkontakt bekam.


















 
 
 
 
Abraham S., 53 Jahre, verheiratet, 2 Kinder ist ein viel beschäftigter Mann: neben seinen Jobs als Religionslehrer und der Herstellung von Holzkohle (Holzkohle ist hier immens wichtig für das heizen innerhalb der Wohnung) ist er als Sozialkoordinator / Mediator / Berater für 34 Familien ehrenamtlich tätig.
2005 musste sein linker Fuß und ein Teil des Unterschenkels aufgrund von einem Knochentumor amputiert werden.
Er wurde zügig mit einer Prothese versorgt, die aber schnell kaputt ging. Er bekam von einem anderen Krankenhaus eine andere Prothese, die er aber nur selten benutzt (Sonntags zum Beispiel).
Das Problem ist, dass sich die Form seines Stumpfes verändert hat und er Schmerzen bekommt, wenn er längere Zeit die Prothese trägt. Außerdem klagt er über wieder ehrende Phantombeschwerden.
Durch Kirimia und mich wird er 2 Mal behandelt: zum einen steht das Verhältnis und die Koordination von Brustkorb und Becken – als Basis für ein ausgeglicheneres Gehen im Vordergrund, zum anderen Entspannung (Arbeit am Nacken und Schädelbasis) sowie die Behandlung des Stumpfes (Massage und Elektrotherapie).
Am 3. Tag sind wir auch mit ihm im Krankenhaus Ikonda bei den Orthopädie-Technikern wegen seiner Prothese. Schnell ist klar, dass diese nicht mehr repariert werden kann. Empfehlung: eine neue! Eine neue Prothese kostet hier (mit „Otto-Bock-Technik) 80(!) Euro. A. Kann diese nicht finanzieren. Nach kurzer interner Rücksprache unter uns „Deutschen“ beschliessen wir, dass wir die Kosten vorschießen und notfalls selber übernehmen.

 















Dixon T., Anfang 30, lebt bei seinen Eltern. Er hatte 2015 einen epileptischen Anfall im Wohnzimmer, dabei stürzte er und riss den Holzkohleofen mit um. Die heiße Holzkohle verbrannte den Stoff seiner linken Hose und damit die um das Knie sehr deutlich!
Im Krankenhaus gab es natürlich eine Wundversorgung, jedoch aufgrund der großflächigen Narbenbildung und keiner Therapie versteifte das Knie im 90-Grad-Winkel.
Das heißt, er kann sein linkes Bein nicht benutzen (gehen und stehen)
Einen epileptischen Anfall gab es seit 2016 nicht mehr. Medikamente gegen die Epilepsie nimmt er nicht.
Über Kirimia gibt es einen Kontakt zu Ärzten von „Interplast“ in Iringa. Das sind plastische Chirurgen aus Deutschland, die in Abständen Operationen durchführen. Für Dixon ist eine OP geplant, damit er sein Bein (Knie) wieder bewegen kann.
Nach der OP gibt es die Überlegung, dass Dixon für einen längeren Zeitraum im Diakoniezentrum zur physiotherapeutischen Nachbehandlung und für ein „Sozialtraining“ bleibt.

Dixon wurde wieder in der Zusammenarbeit von Kirimia und mir behandelt.
Zum einen ging es darum eine größere Mobilität im Rahmen der Möglichkeiten im Bein und eine Kräftigung der Muskulatur zu erreichen, als Vorbereitung für die OP und deren Nachsorge.
Dieses schloss auch eine Mobilisierung des Rumpfes und Wahrnehmungsübungen der Beine / Füße mit ein.

                    


Abbas, Mitte 30, verheiratet, 1 Kind, 4 Kinder vom verstorbenen Bruder „übernommen“, arbeitet vorwiegend in der Landwirtschaft.
Er hatte 1999 einen Autounfall, wobei vor allem sein linkes Bein betroffen war: eine offene Trümmerfraktur (Bruch) des Unterschenkels. Die Heilung dauerte lange. Der Unterschenkel ist nicht „gerade“ wie „normal“, ist geschwollen und 5 cm kürzer als rechts.
Er hat weiter Angst, das linke Bein voll zu belasten und klagt über Schmerzen im linken Fuß.
Neben der Beratung ( Hautpflege linker Unterschenkel, Vollbelastung, Schuherhöhung) haben wir zunächst an der Wahrnehmung und Sensibilisierung des Beines und des Fußes gearbeitet - mittels Massage, Lymphdrainage und der Mobilisierung der Gelenke.
Weiter ging es mit Gleichgewichtsübungen im Stand und Gang bei einer Erhöhung des Fußbodens (für das linke Bein) auf dem normalen Boden und auf einem Schaukelbrett.
Auch mit ihm waren wir im Krankenhaus Ikonda zur Orthopädietechnik. Dort wird ihm an einem oder 2 linken Schuhen eine Erhöhung gebaut.

                     


Rebekka T., 32 Jahre, lebt bei ihren Eltern. Sie wirkt sehr verhalten, skeptisch, hat eine leise Stimme.
Im Alter von 18 Monaten ist sie ins Feuer gefallen und hat sich dabei vor allem den linken Fuß verbrannt. Dieser wurde sofort amputiert, 20 Jahre später musste sogar ein Teil des Unterschenkel nachamputiert werden. Auch die Zehen des rechten Fußes verlor sie durch den Unfall.
Bis zu ihrem 12. Lebensjahr ist sie nur gekrabbelt.
Sie hat eine Prothese für das linke Bein. Diese ist allerdings defekt.
Im Diakoniezentrum war sie bereits schon zu einem handwerklichen Seminar.
Sylke hat mit ihr vorwiegend an der Beugung und Streckung gearbeitet, mit der Idee, dass es ihr beim Gehen hilft.

Dieses Seminar für die Erwachsenen ging bis zum Samstag.
Wie schon vorher erwähnt, waren wir mit dreien von ihnen am Freitagvormittag im Krankenhaus Ikonda (10 Minuten Fahrweg) bei den Orthopädietechnikern.
Ich kannte sie schon von meinem letzten Aufenthalt 2017.
Schon damals war ich von deren freundlichen Art und von ihrer professionellen Arbeit beeindruckt.
Auch diesmal war es nicht anders.
Für Abraham wird es eine neue Prothese geben, Rebekkas Prothese kann repariert werden und Abbas erhält eine Schuherhöhung.



Nach dem Mittagessen am Samstag wurde das Seminar durch die Leitung des Zentrums offiziell beendet. Auch einige von den Seminaristen bedankten sich auf eine für uns berührende Weise.
So konnten schon die ersten danach nach Hause fahren, die anderen erhielten am Nachmittag die letzte Behandlung.




Diese 4 Tage waren für mich sehr intensiv und auch anstrengend. Ich glaube für die meisten der Seminaristen war die Art und Weise, wie wir mit ihnen im Gespräch und in der Behandlung gearbeitet haben, eine vollkommen neue Erfahrung. Es gab anfangs viel Skepsis auf der einen Seite und entweder gar keine oder überzogene Wünsche.

Vor allem hat mich überrascht, wie alle sich mehr oder weniger auf die 3 Feldenkrais-Gruppenstunden eingelassen und mitgemacht haben. Vor allem hier erhielten wir direkt danach von einigen eine differenzierte Rückmeldung über eine veränderte Körperwahrnehmung und Bewegungsmöglichkeiten.

Die Feldenkrais Gruppenstunde - vielleicht sogar die erste in Tansania:
 
Sylke und Kirimia beim unterrichten




Besuch von Sedekia - er macht auch gleich mit...


Für mich war es auch spannend mit Sylke – also zu zweit – zu arbeiten: eine große Entlastung für mich. In den Behandlungen konnte ich mich ganz auf Kirimia konzentrieren (und auf den Seminaristen), während Sylke´s Aufmerksamkeit ganz bei „ihrer“ Seminaristin war.
So hatten wir gleichzeitig die Seminaristen und Kirimia im Focus!
Ich glaube, es war auch gut dass Sylke die Frauen und ich die Männer hatte.


"Während Torsten und Sylke mit Kirimia das Seminar für die Erwachsenen durchführten, gingen wir, Birgit und Ina 3 Tage vom 8.-10.5. in den Kindergarten in Tandala.
Wir erlebten 10-12 Kinder, die von 2 Frauen aus dem Dorf betreut und bekocht werden. Die Kinder spielen in 2 Räumen, einem Hof und der Wiese. In einem Raum sind kindgerechte Bänke und Tischreihen und eine Tafel. An 3 Tagen werden Buchstaben und Zahlen unterrichtet. Für das freie Spiel liegen Bastmatten auf dem Boden und es gibt Duplobausteine und Tierfiguren. Die Frauen sind währenddessen mit dem Kochen beschäftigt.
Am Anfang hielten wir uns noch zurück, waren vorsichtig in der Annäherung und beobachteten die Kinder und sie uns. Mit zunehmendem Kontakt, wurden wir lockerer, öffneten uns und auch die Kinder faßten Vertrauen und kamen viel mehr auf uns zu.
Die FSJler halfen uns durch Dolmetschen, aber auch mit Gesten und Zeichensprache konnten wir uns gut verständigen. Wir waren erstaunt, wie selbstständig die Kinder sind.
Am 2. Tag brachten wir aus dem Diakoniezentrum Bällchenbad, Schwungtücher, Malvorlagen und Stifte mit. Zunächst waren wir unsicher, weil wir unsere Ideen auf keinen Fall überstülpen wollten, aber unsere Spielvorschläge wurden positiv aufgenommen und von den Frauen sofort erweitert. Wir hatten total viel Spaß miteinander, die Stimmung war sehr herzlich und offen.

Wir hoffen, dass die Angebote auch in Zukunft durch Unterstützung von FSJlern weitergeführt werden.
Ina und Birgit



          


                                             



spielen
malen
die Erzieherinnen bereiten das Essen ...

              


Am Donnerstag überraschten wir und die 4 FSJler Elikana (Leiter der Diakonie) während der Andacht mit einem Geburtstagskanon. Geburtstage werden jedoch hier nicht so begangen wie bei uns.
Das war eine kleine Einstimmung für den nächsten Tag: denn am Freitag hatte Sylke Geburtstag!!! Auch hier hatten wir früh eine kleine Gesangseinlage (aber nur unter uns). Birgit und Ina hatten noch einen wunderbaren Kuchen gebacken und abends verbrachten wir eine sehr ausgelassene Zeit bei Kräutertee und „Mensch-ärger-dich-nicht“!!!!!!

9. Tag
Sonntag, 12.05.2019
Am Sonntag ging es für uns 4 zum Gottesdienst.
Die erste halbe Stunde war mit viel Gesang durch die Chöre bestimmt. Die Kirche füllte sich in dieser Zeit bis fast zum letzten Platz.
Anstrengend wurde es für unsere weißen Ohren, als die Verstärkeranlage eingeschaltet wurde: die Qualität litt darunter deutlich, es war einfach zu laut und zum Teil übersteuert.
Kurz darauf mussten / durften wir uns vor der gesamten Gemeinde mit Kirimias Hilfe vorstellen.
Wenige Zeit später fing der Vizebischof dieser Landeskirche an zu predigen – auch über Mikrofon, mit den bereits geschilderten „Besonderheiten“. Dazu kam, dass er mit seiner Stimme immer eindringlicher in der Art und Weise und in der Lautstärke wurde – und nicht aufhörte……. Nach 2 Stunden sind wir während der anhaltenen Predigt gegangen bzw. eher geflüchtet…..
Die Ruhe draußen tat so gut!!!!!

Den Nachmittag genossen wir mit einem süßen Nichts-tun!
Am Abend waren wir zu Joyce zum Essen eingeladen. Das Essen war sehr lecker und der Abend angenehm entspannt.

10. Tag
Montag, 13.05.2019
Gleich nach dem Frühstück ging es mit dem Jeep los. Ziel der Reise war Makete, 30 km von Tandala entfernt. Antrittsbesuch beim Bischof der Landeskirche und noch einen Hausbesuch.
Mit an Bord des Jeeps waren auch Sedekia und Daudi.
Im Haus der Kirchenleitung wurden wir als erstes vom Vizebischof begrüßt (der mit der längeren und eindrucksvollen Predigt)….. und gleich darauf auch vom Bischof. Durchatmen…..
Der Bischof ist seit einem Jahr im Amt, ich kannte ihn von meinen vorigen Aufenthalten. Da hatte er die Funktion des Generalsekretärs inne und ich ihn in angenehmer Erinnerung.
Diese Antrittsbesuche sind obligatorisch – ich denke, vom Ursprung her eine Ehrerweisung.
Im Zimmer des Bischofs stellten wir uns vor. Doch dabei blieb es diesmal nicht: Durch die Fragen und die spürbare Neugierde des Bischof entwickelte sich ein intensives Gespräch, das sich vor allem natürlich um den Sinn und die Intention der physiotherapeutischen Arbeit im Diakoniezentrum drehte. Erst nach 1,5 Stunden verließen wir das Gebäude.
Birgit, Sedekia und ich machten einen Marktbummel in Makete.


       

Sylke, Ina, Daudi und Kirimia fuhren währenddessen zu einem Hausbesuch bei Amoz:
Amoz konnte bis vor 1 Jahr gehen (Meningitis? Encephalitis?) dann nicht mehr, deshalb konnte er seither nicht mehr zur Schule. Amoz saß zusammen mit seinen Geschwistern, die Holzstreifen sortieren für den Vater. Dieser hatte an einem Körbeflechtenseminar teilgenommen und stellt tolle Körbe und Sitzmöbel her, womit er etwas Geld verdient.
Die Beine von Amoz sind sehr spastisch, die Arme etwas weniger, die kann er benutzen um seinen Rollstuhl zu lenken. Er fährt damit abenteuerlich in den Hof des kleinen Hauses. Wir behandelten ihn auf der Wiese, Kiri hatte eine Matte mitgebracht. Er hatte Spaß am Spiel mit kleinen Holzrollen und wir fochten mit weichem Holz. Bei der Behandlung wurden seine Beine weicher und er konnte besser krabbeln – die Beine ein wenig differenzieren. Auch er könnte gefördert werden, er ist ja motiviert.



          


Danach fuhren wir alle zusammen wieder zurück nach Tandala.
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Ende des 1. Teiles - im 2. Teil folgen die 2. und 3 Woche mit den Hausbesuchen und dem Seminar für Kinder und deren Angehörige